Haben diese drei Dinge etwas miteinander zu tun?
Schauen wir in drei Punkten einmal genauer hin:
1. Mit Entwicklungszusammenarbeit (EZ) verbinden viele Leute nach wie vor so etwas wie Brunnenbohren in der Wüste. Gibt es natürlich. Vor allem aber braucht es hier wirkliche Fachleute; sie müssen zwar mit heißem Herzen, aber auch mit klarem Verstand – besser: Knowhow – an die Sache ran. Sonst sind gut gemeinte Pläne schnell im Wüstensand versickert.
So haben wir in unserer Stiftung: den Pharmaspezialisten, den Juristen und den Wirtschaftsfachmann im Vorstand sowie den Augenarzt, die Bankerin, den Fachmann für Hospizwesen, eine Journalistin und einen früheren NGO-Mitarbeiter im Stiftungsrat.
2. Diese Personen sind unter dem Aspekt fachlicher Expertise zusammengekommen, und zwar als Arbeitsteam; naturgemäß nicht zunächst als Freundesgruppe, die sich aus dem Kegelclub kennt und dann beschließt, etwas in der EZ zu tun. Aber diese Personen lernen sich im Laufe der Arbeit besser kennen und schätzen, und ja: man befreundet sich! Und damit sind wir beim Punkt Teambuilding. Es gibt ja Arbeitsgruppen, die zum gemeinsamen Klettern in die Vogesen oder zum Surfen in die Karibik fahren. Bei uns gab es dagegen eine Exkursion – nach Duisburg!
3. Nach Duisburg? Außerhalb des Ruhrgebiets fragen manche Zeitgenossen: Was gibt’s denn da außer Thyssen und Schimanski? Antwort: Man kommt gut hin – zentraler Hauptbahnhof mit allen ICE-Stopps zwischen Bologna und Kopenhagen, weltberühmter Spaghetti-Knoten A3/A40 – und – so sagte es einmal umwerfend Manni Breuckmann: Man kommt auch schnell wieder weg.
Aber: Das Staunen über wundervolle Dinge aus den Bereichen Kultur, Technik, Sport und Gastronomie kann in der Tat zusammenschmieden. Der in Duisburg ansässige Mitarbeiter im Stiftungsrat versuchte nach einem Einstiegskaffee bei ihm zu Hause ein paar Streiflichter vorzustellen:
Da der Vorsitzende des Stiftungsrats, Dr. Raimund Balmes, aus Neuss stammt, sah sich der ‚Gastgeber‘ natürlich bemüht, die Stadt Neuss als die ungleich wichtigere Metropole zu kennzeichnen. Immerhin waren hier in „Novaesium“ die Römer so richtig ansässig, wohingegen sie im heutigen Duisburg so gerade mal von der Ruhrmündung aus die Sicherheit ihrer Niederlassung Asciburgium (Asberg, heute Stadtteil von Moers) zu gewährleisten suchten.
Als dann aber die Römer abgezogen waren, wurde das zunächst fränkisch geprägte Duisburg immer bedeutender: mit Königshof, als Handels- und Schiffahrtszentrum und Mitglied der Hanse, mit Gründung der Universität und dem Wirken Gerhard Mercators, als Kohle- und Stahlstandort, mit Zoo, großer jüdischer Gemeinde und als bedeutender Widerstandsort gegen die Nazidiktatur.
Weitere Kennzeichen: Hohe Integrationskraft durch Zuzug vieler Menschen aus über 80 Ländern. Schließlich eine ungeheuer kreative Kraft nach Rückgang von Kohle und Stahl: Umwandlung von Fabriken in Museen, darunter der weltberühmte Landschaftspark Nord, das Museum Küppersmühle, das Lehmbruckmuseum und Museum DKM. Schließlich die wunderbare Synagoge für die Gemeinde der Städte Duisburg, Mülheim und Oberhausen.
Natürlich kann man noch viele andere Dinge aufzählen wie die Sportschule Wedau oder die Regattabahn. Aber nicht nur Dinge, sondern auch Menschen kommen aus Duisburg: Wolfgang Trepper, Frank-Peter Zimmermann, Martina Voss-Tecklenburg, Bärbel Bas.
Schließlich die Kommunikation - Spezialisten ist es ja vertraut: Asterix-Bände in der Ruhrpottsprache sind nahezu eine Widerspiegelung dessen, was man auf der Straße hört. Selbst erlebtes Alltagsbeispiel: Vor Jahren ging ich mit dem Personalausweis meiner Frau und dem meinigen zum Hauptbahnhof und bat um eine Bahncard. Die Dame am Schalter stellte fest: Sie kriegen sie verbilligt, weil Sie über 60 sind und Ihre Frau … – Blick in den Ausweis, dann in meine Augen und es erscholl die weitere Feststellung: „weil se so‘n alten Knacker geheiratet hat“. Ihr Kollege am Nachbarschalter kriegt das mit – gerade nicht viel los – und stellt ganz nüchtern fest: „Wo se Recht hat, ne…?!“
Es gab also fortwährend viel Gesprächsstoff. Das abschließende Abendessen fand jedenfalls nicht in irgendeiner Kneipe statt, sondern im so genannten Innenhafen; hier verlief früher die Ruhr, dann wurde er später zum Hafen weiter „innen in der Stadt“ mit vielen Kontoren und Hafenanlagen. Heute beherbergen die Gebäude Museen und Restaurants, auch die – signifikanter Name: Faktorei.
Stellen wir fest: Natürlich kommt man gut von Duisburg weg – aber eben auch gut hin. Fühlen Sie sich willkommen!
Heribert Tigges
Januar 2024